BAföG elternunabhängig abgelehnt? So hast du doch noch eine Chance
Mit diesem “Trick” kannst du ggf. doch noch BAföG elternunabhängig erhalten, auch wenn dein Antrag bereits abgelehnt wurde - So setzt du dein Recht durch

§ 11 BAföG gibt es mehrere Wege, um BAföG elternunabhängig zu bekommen.
Das heißt, deine Eltern aus der BAföG-Berechnung rauszuhalten und damit deine Chance auf den BAföG Höchstsatz zu erhöhen.
Wann gibt es elternunabhangiges Bafög?
Einkommen der Eltern bleibt außer Betracht, wenn ihr Aufenthaltsort nicht bekannt ist oder sie rechtlich oder tatsächlich gehindert sind, im Inland Unterhalt zu leisten.
Einkommen der Eltern bleibt ferner außer Betracht, wenn der Auszubildende…
1. ein Abendgymnasium oder Kolleg besucht,
2. bei Beginn des Ausbildungsabschnitts das 45. Lebensjahr vollendet hat,
3. bei Beginn des Ausbildungsabschnitts nach Vollendung des 18. Lebensjahres fünf Jahre erwerbstätig war oder
4. bei Beginn des Ausbildungsabschnitts nach Abschluss einer vorhergehenden, zumindest dreijährigen berufsqualifizierenden Ausbildung drei Jahre oder im Falle einer kürzeren Ausbildung entsprechend länger erwerbstätig war.
5. (weggefallen)
Das wären erstmal die üblichen Gründe, warum das BAföG elternunabhängig gewährt werden kann. Geht aus deinem BAföG Antrag eindeutig hervor, dass du mindestens einen der oben genannten Gründe nachweislich erfüllst, müssen deine Eltern ihr Einkommen für deinen BAföG Antrag nicht offenlegen. Allerdings gibt es jede Menge Leute, die diese Voraussetzungen nur knapp nicht erfüllen, weil sie nach der Ausbildung z.B. nur zwei statt drei Jahre gearbeitet haben, bevor sie das Studium aufgenommen haben. Für diese Leute gibt es einen alternativen Weg elternunabhängiges BAföG zu beantragen:
Wie du trotzdem BAföG elternunabhängig erhältst
Dieser Trick kommt eigentlich nicht von mir, sondern von Thomas Reimann, stellvertretender Abteilungsleiter für Studienfinanzierung im Studentenwerk Darmstadt. Beweise dafür, dass es funktioniert findest du in den Kommentaren zum Thema BAföG Vor- und Nachteile und der Facebook-Gruppe Studienfinanzierung, wo du dich gern mit anderen über deine Erfahrung austauschen kannst.
Auch in unserer BAföG Beratung kommt das Thema immer wieder auf. Leider klären BAföG Ämter nur sehr selten Ratsuchende darüber auf, weshalb viele weniger BAföG erhalten als ihnen theoretisch zusteht. Daher ist es aus unserer Erfahrung besser sich eine BAföG Beratung zu suchen, die unabhängig vom BAföG Amt tätig ist.
Wann sind Eltern nicht mehr unterhaltspflichtig?
Sollten deine Eltern dir den vom BAföG Amt berechneten Betrag nicht zahlen können oder wollen, stelle so schnell wie möglich mit dem Formblatt 8 einen Antrag auf Vorausleistung nach § 36 BAföG. Das Amt ist somit verpflichtet deinen Antrag unter Berücksichtigung geltendem Zivilrechts erneut zu prüfen. Vorübergehend wird der Betrag, den sie für deine Eltern ausgerechnet hatten vom Amt übernommen (abzüglich Kindergeld). Du bekommst also auf jeden Fall Geld solange die Sache nicht abschließend geklärt ist.
Da Zivilrecht und BAföG zwei paar Schuhe mit unterschiedlichen Regelungen sind, kann es durchaus sein, dass das Amt zu dem Schluss kommt, dass deine Eltern dir gegenüber gemäß §1610 BGB tatsächlich nicht mehr unterhaltspflichtig sind. Entsprechend hättest du deshalb ein Recht auf elternunabhängige Förderung, obwohl du die Voraussetzungen nach §11 Abs. 3 BAföG nicht erfüllst. Dies kann zum Beispiel sein, wenn du eine Berufsausbildung abgeschlossen hast, auch ohne danach 36 Monaten berufstätig gewesen zu sein.
Deine Eltern sind aus dem Schneider. Du bekommst vom Amt elternunabhängiges BAföG, niemand muss irgendwas zurückzahlen (außer natürlich den üblichen Darlehensbetrag nach deinem Studium), du brauchst keinen Groll gegen deine Eltern hegen und sie müssen kein schlechtes Gewissen mehr haben, weil sie dich nicht finanziell unterstützen können.
Win-Win für alle!

So beantragst du BAföG elternunabhängig gemäß Zivilrecht
Am besten, du holst für diese Strategie deine Eltern mit ins Boot. Weihe sie in deinen Plan ein. Bitte sie, eine Erklärung zu verfassen, aus der hervorgeht, warum sie aus zivilrechtlicher Sicht nicht mehr unterhaltspflichtig sind und füge diese deinem Antrag bei. Das beschleunigt die Sache und du kannst dich anschließend wieder voll und ganz auf dein Studium konzentrieren. Außerdem müssen deine Eltern für diesen Weg Formblatt 3 trotzdem erst einmal ausfüllen und ihr Einkommen damit offenlegen.
Deine Eltern bleiben gemäß Verwaltungsvorschrift zu §37 BAföG unterhaltspflichtig
wenn mindestens einer der folgenden Punkte auf dich zutrifft:
- ein Berufswechsel notwendig ist, etwa aus gesundheitlichen Gründen,
- die erste Ausbildung auf einer deutlichen Fehleinschätzung der Begabung der auszubildenden Person beruhte,
- die auszubildende Person von den Eltern in einen unbefriedigenden, ihrer Begabung nicht hinreichend Rechnung tragenden Beruf gedrängt worden war,
- die Ausbildungsplanung die weitere Ausbildung nach den gemeinsamen Vorstellungen der Eltern und der auszubildenden Person umfasste; dasselbe gilt, wenn die dahin gehende Ausbildungsplanung der auszubildenden Person den Eltern bekannt war und diese nicht erkennbar widersprochen haben,
- während des ersten Teils der Ausbildung eine die Weiterbildung erfordernde besondere Begabung der auszubildenden Person deutlich geworden ist,
- die auszubildende Person mit Hochschulreife nach einer praktischen Ausbildung (Lehre, Volontariat) ein Hochschulstudium aufnimmt und dieses mit den vorangegangenen Ausbildungsabschnitten in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang steht. Dies gilt bei einem kontinuierlich aufeinander aufbauenden Ausbildungsverlauf auch dann, wenn die Fachhochschul-/Hochschulreife erst nach der praktischen Ausbildung (z.B. durch den Besuch einer Fachoberschule) erworben wird,
- die auszubildende Person mit Hochschulreife – ggf. auch nach einer praktischen Ausbildung (Lehre, Volontariat) – ein Bachelorstudium und sodann ein Masterstudium aufnimmt und letzteres mit den vorangegangenen Ausbildungsabschnitten in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang steht.
Man beachte hier das UND. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass jeder der zwischen Ausbildung und Studium gearbeitet hat, elternunabhängig gefördert wird, auch wenn Ausbildung und Studium sich thematisch ähneln. Mann darf nur nicht nach der Ausbildung “nahtlos ” (bei der erstbesten Gelegenheit) ins Studium übergehen. Beispiel: Ich habe meine Ausbildung im Januar 2005 abgeschlossen. Hätte ich direkt zum nächstbesten Zeitpunkt also 04/2005 (Sommeremester 2005) begonnen, könnte ein zeitlicher Zusammenhang vermutet werden, obwohl ich dazwischen vollzeit gearbeitet habe. Warte ich aber aufs Wintersemester besteht eine klare Chance. Die Chance erhöht sich mit jedem weiteren Monat, der vergeht.
Was passiert, wenn elternunabhängiges BAföG abgelehnt wird?
“Eine Zweitausbildung müssen die Eltern grundsätzlich nicht finanzieren. Es gibt aber Ausnahmefälle, in denen die Verpflichtung zur Finanzierung einer Zweitausbildung von der Rechtsprechung bejaht wird, z. B. wenn die Ausbildung auf einer Fehleinschätzung der Begabung des Kindes beruht. Keine Zweitausbildung ist nach der Rechtsprechung des BGH die sog. mehrstufige Ausbildung Abitur – Lehre – Studium, wenn zwischen den einzelnen Abschnitten ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht (z. B. Abitur – Banklehre – Jurastudium). “
Sollte festgestellt werden, dass der erste Bescheid korrekt war und deine Eltern dein Studium finanzieren müssen, holt sich das Amt den vorausgezahlten Betrag bei deinen Eltern mit Zinsen zurück und alles geht seinen gewohnten Gang. Sollten sich deine Eltern der Rückzahlung verweigern, wird das Amt Klage gegen sie einreichen. Familienkrise inbegriffen. Es ist aber nicht zu spät einzulenken.
Wenn du den Weg der BAföG Vorausleistung gehst, heißt das nicht automatisch, dass du deine Eltern hasst oder dir Geld wichtiger als deine Beziehung zu ihnen ist. Um sicherzugehen, dass sie nach dem Verfahren nicht in den Ruin getrieben werden, könntest du die Vorausleistungen auch erstmal aufbewahren und ihnen zur Verfügung stellen, falls sie zurückgezahlt werden müssen. Oder du nimmst einen günstigen Studienkredit mit deutlich besseren Konditionen auf als deine Eltern je bekommen könnten und zahlst die Vorausleistung selbst zurück. Es gibt immer eine Lösung für alles.
Im schlimmsten Fall hast du also genauso wenig Geld wie vorher und deine Eltern immernoch ein schlechtes Gewissen. Ihr habt nichts verloren, aber es wenigstens versucht.
Eine andere Sache ist es, wenn ihr ohnehin ein gestörtes Verhältnis zueinander habt und den gegenseitigen finanziellen Ruin in Kauf nehmt. Dann kommt es zu einer Klage vom Amt oder dir gegen deine Eltern. Ob du das willst, musst du selbst entscheiden. Aber wie gesagt, zwischen schwarz und weiß, gibt es sehr viele andere Farben und Lösungen.
Wie groß der Einfluss deiner Eltern auf dein BAföG ist und ob sich der Stress lohnt, kannst du schnell und unkompliziert mit dem BAföG-Rechner checken.
Was passiert, wenn elternunabhängiges BAföG bewilligt wird?
Stellt das BAföG Amt fest, dass deine Eltern dir gegenüber tatsächlich nicht mehr unterhaltspflichtig sind, bekommst du bis zu Ende des Bewilligungszeitraums erstmal weiter BAföG Vorausleistung. Das Amt wird aber keine Rückzahlung deiner Eltern fordern. Zwei bis drei Monate vor Ablauf der Bewilligungszeitraums wird es dann Zeit für deinen BAföG Folgeantrag. Dieser und alle weiteren BAföG Anträge deinerseits werden dann automatisch elternunabhängig behandelt. Du brauchst also keinerlei Angaben mehr zu deinen Eltern machen. Der Stress, den du beim Erstantrag hattest, zahlt sich also mit jedem weiteren Folgeantrag aus.
Wie lange braucht das BAföG Amt um die Unterhaltspflicht zu prüfen?
Das ist leider extrem unterschiedlich. Erfahrungsgemäß schätze ich die durchschnittliche Bearbeitungszeit also auf ca. vier bis sechs Monate ab Antragstellung.
Extratipp
Da vom der BAföG-Vorausleistung das Kindergeld abgezogen wird, und dieses für den gesamten Bewilligungszeitraum gezahlt wird. Ist zu überdenken für wie lange man diese beantragt. Der übliche Bewilligungszeitraum beträgt 12 Monate, kann aber auch kürzer ausfallen, wenn du willst. Beantragst du BAföG erstmal nur für ein Semester, musst du zwar schon zum nächsten Semester wieder einen neuen Antrag stellen, kannst dann aber auch neu entscheiden, ob du noch Vorausleistung brauchst bzw. willst oder nicht.
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