Schwanger im Studium: Ein guter Zeitpunkt?
Wann ist der richtige Zeitpunkt für die Familienplanung? Lassen sich Kind und Studium vereinen? Schwanger im Studium oder doch lieber danach?

Lange bevor ich meinen Job schmiss und Studentin wurde und noch länger bevor ich Mutter wurde, hörte ich von dem Gerücht, dass das Studium die beste Zeit für die Kinderplanung sei. Ein Gerücht, dass mich lange Zeit beschäftigte, denn mir war immer klar, eines Tages will ich eine Familie. Eines Tages werde ich Mutter. Aber es gab ein kleines Problem. Eines, das vermutlich alle kennen: die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt.
Vor allem die Frauen trifft das in besonderer Härte. Im Grunde sind sie immer zu jung oder zu alt dafür. Erst muss ein vernünftiger Schulabschluss her, dann ein Beruf, dann Berufserfahrung und ein unbefristeter Arbeitsvertrag. Hinzu kommt der Prinz und sein olles Pferd, mit dem man erstmal ein paar Jahre glücklich Richtung Sonnenuntergang trabt und der alle vorher genannten Ziele ebenfalls erreicht hat. Natürlich will Herr Prinz mindestens genauso gern Vater werden wie Frau Prinzessin Mutter.
DANN IST DER RICHTIGE ZEITPUNKT! Oder nicht?

Ja, zumindest wird uns das so von klein auf eingetrichtert. Wenn da nur nicht das Ding mit der biologischen Uhr wäre. Ja genau, dieses Ding, das uns ab 30 förmlich anschreit, wir sollten mal langsam in die Puschen kommen mit dem Job und dem Prinzen und so. Immerhin gelten wir Frauen ab 35 als Spätgebährende aka Risikoschwangerschaften.
Klingt irgendwie nicht mehr so geil, oder?
Tja, was macht frau da? Sich den vermeidlichen Prinzen schön trinken? Sich mit dem Job, den man hasst abfinden, nur weil der Vertrag unbefristet ist? Oder sogar beides? Oder lieber ganz auf Kinder verzichten? Oder vielleicht doch lieber in Kauf nehmen, dass die Freunde meiner Kinder mich für deren Oma später halten?
Genau so ging es mir vor etwa sieben Jahren…
Wie ich zum Studium mit Kind kam
Ich bin gelernte Kauffrau im Groß- und Außenhandel. Hauptberuflich verkaufte ich Klos an Handwerker – pallettenweise. Klingt komisch? Ist aber so. Und ich war gut darin. Ich bin Verkäuferin durch und durch. Mit Menschen kommunizieren und herausfinden, was sie brauchen (oder auch nicht), das ist mein Ding. Das ist, was ich kann. Was ich nicht konnte war, mir vorzustellen, die nächsten zehn Jahre jeden Morgen in dieses Büro zu fahren, mich an diesen Schreibtisch zu setzen und Tag für Tag dasselbe zu tun, ohne jegliche Aussicht auf Abwechslung und Weiterentwicklung. Irgendwann hatte ich das Gefühl, alles gelernt zu haben und nur noch zu robotten. Umsätze, Gewinne, Provisionen… nichts hat mich davon je gereizt. Es gab für mich in dieser Firma einfach keine Perspektive.
Ich wollte lernen, mich weiterzuentwickeln.
Länger schon spielte ich mit dem Gedanken zu studieren, aber es sprach so viel dagegen unter anderem der Kinderwunsch. Wollte ich wirklich bis nach dem Studium mit der Familienplanung warten bzw. bis ich einen festen Job hätte. Bis dahin wäre ich mindestens 32. Die biologische Uhr… schließlich sollte es ja nicht bei einem Kind bleiben.
Ich erwähnt ja bereits dieses Gerücht, dass Kinder und Studium wunderbar zusammenpassen. Ich hätte damals, vor sieben Jahren, als ich weder Studentin noch Mutter war, gern aus erster Hand erfahren, was an dem Gerücht dran ist. Zwei Schwangerschaften später weiß ich es und verrate es euch – aus erster Hand 😉
Lassen sich Studium und Kind vereinbaren?
Die Antwort lautet JA. Definitiv!
Wie schwer oder einfach ein Studium mit Kind ist, hängt sicher von sehr vielen Faktoren ab, die für jeden individuell unterschiedlich sind. Ich kann hier nur für mich sprechen und die studierenden Eltern in meiner Umgebung und das sind einige.
Warum das Studium die beste Zeit für die Familienplanung ist:
- Ich kann bestimmen, wann ich arbeite (Stundenplangestaltung).
- Ich kann bestimmen, wie lange ich arbeite (Anzahl der Kurse pro Semester und Studiendauer).
- Ich kann bestimmen, wo ich arbeite (Skripte Zuhause durcharbeiten, wenn Kind krank).
- Ich kann bestimmen, mit wem ich arbeite (Rechtzeitig Teams für Gruppenarbeiten bilden).
- Ich habe keinen Chef und bin auch nicht kündbar, solange ich meine Prüfungen bestehe.
- Ich bekomme mehr und länger BAföG (Kinderzuschlag)
- Ich kann zusätzlich zum BAföG Wohngeld, Elterngeld und Kindergeld erhalten und wenn ich mich vorübergehend beurlauben lasse oder wegen des Kindes in Teilzeit weiterstudiere, bekomme ich statt BAföG Hartz 4 ohne mir zusätzlich einen Job suchen zu müssen.
- Wir zahlen kaum Kita-Gebühren.
- Es gibt Studentenwohnheime, die Wohnungen für Familien anbieten.
- Die dazugehörige Kita liegt meist gleich um die Ecke. Die Kinderbetreuung während der Vorlesungszeiten sollte somit also auch gesichert sein.
- Durch Studentenrabatte sind Familienausflüge erschwinglich.
- Wenn ich mit dem Studium fertig bin und in den Beruf einsteige, sind meine Kinder nicht mehr ganz so klein, selbstständiger und seltener krank.
- Außerdem habe ich dann bereits mehrere Jahre Erfahrung in der Vereinbarkeit von Familie und …
Das mag für einige erstmal banal klingen, wenn man diese Bedingungen jedoch mit einem nicht selbstständigen Vollzeitjob vergleicht, sind diese nahezu paradiesisch. In welchem Job kann ich mir schon aussuchen, wann ich wo mit wem arbeite und wie schnell oder langsam ich diesen Job erledige? Wenn ich wegen der Kinder daheim bleiben muss, kräht auch kein Hahn danach, solange ich am Ende irgendwie die Prüfungen bestehe. Mir wird mein Gehalt wegen zu vieler Krankheitstage nicht gekürzt und ich muss deswegen auch keine Kündigung fürchten.
Klar sind die Bedingungen individuell unterschiedlich. Es gibt Profs mit wenig Verständnis und Hochschulen, die auch bei Studierenden mit Kind auf Anwesenheitspflicht bestehen. Es gibt immer wieder Hürden, aber die gibt es auch in der Arbeitswelt. Ich habe lang genug in verschiedenen Firmen in Vollzeit gearbeitet. Keiner dieser Jobs hätte auch nur ansatzweise so gut zu meiner Familie gepasst. So ist das nun mal, wenn andere Menschen Arbeitszeit und -ort bestimmen. Selbst in meinem Bürojob von 9 bis 18 Uhr hätte ich meine Kinder maximal zwei Stunden am Tag gesehen.
Und wen das immer noch nicht überzeugt, für den habe ich das Todschlagargument schlechthin:
13. Vier Monate Semesterferien pro Jahr. VIER GANZE MONATE FREI!!! Hallo? Wtf?!
Aus meiner Sicht tut ihr euch also keinen Gefallen damit, bis nach dem Studium bzw. auf den ersten unbefristeten Job mit der Familienplanung zu warten. Wenn Prinz und Prinzessin zueinander gefunden haben, studieren oder überlegen es zu tun und sich lieber jetzt als später an die Nachwuchsproduktion machen wollen, dann nur zu. Macht das! Das ist gar nicht so verrückt wie ihr denkt. In Deutschland haben 5 % aller Studis ein oder mehrere Kinder. Das ist zwar eine Minderheit, aber vermutlich mehr als ihr dachtet. Hier in Berlin sind es sogar fast doppelt so viele.
Wenn ihr mir nicht glaubt, dann fragt doch mal eure Kommilitonen und Kommilitoninnen. Statistisch gesehen müsstet ihr ja alle jemanden kennen, der oder die mit Kind studiert (hat).
Mathias und ich würden uns in jedem Fall wieder so entscheiden und im nächsten Blogpost verrate ich euch ein paar Tipps und Tricks, wie wir nicht nur unsere Familie, sondern auch unsere Jobs mit dem Studium vereinbart kriegen. Wenn ihr Lust habt unser großes Abenteuer Auslandssemester mit Kind in Bali zu verfolgen, dann schaut auf unserem YouTube Kanal vorbei.